Depression

Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Depressive Symptome und Phänomene stellen ein breites Spektrum dar, von alltäglichen Empfindungen bis hin zu schweren Störungen und Erkrankungen. Häufig treten depressive Störungen in Form von Episoden auf, die in ihrer Anzahl, Dauer und Intensität variieren können. Je schwerer die Symptomatik, desto wahrscheinlicher ist es, dass es nicht bei einer depressiven Phase bleibt. Bei 80 % der betroffenen Personen ist mindestens eine weitere Episode zu erwarten. Die durchschnittliche Dauer einer Episode beträgt fünf Monate. Bei einer Episodenlänge von mehr als zwei Jahren spricht man von einem chronischen Verlauf. Neben Angststörungen bilden depressive Erkrankungen die häufigsten psychischen Störungen, die Anzahl betroffener Personen nimmt weltweit zu. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. 50 % der Ersterkrankungen treten bereits vor dem 30. Lebensjahr auf. Im höheren Lebensalter (höher als 65) sinkt die Wahrscheinlichkeit für ein erstmaliges Auftreten der Erkrankung.

Symptomatik

Eine depressive Stimmung äußert sich in Gefühlen der eigenen Insuffizienz, Traurigkeit und Niedergeschlagenheit bis hin zur Hoffnungslosigkeit oder Verzweiflung. Zudem verlieren die meisten Betroffenen das Interesse an Dingen, die ihnen zuvor Freude bereitet haben oder haben generell das Gefühl, weder Freude noch Trauer intensiv empfinden zu können. Zusätzlich leiden depressive Menschen in der Regel an Antriebsmangel und einer leichten Ermüdbarkeit. Hinzu kommen eine verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit sowie ein gesunkenes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen. Auch Schuldgefühle oder eine pessimistische Zukunftsperspektive können auftreten. Häufig berichten Patienten zusätzlich über Angstgefühle, die meistens in Form einer allgemeinen Unsicherheit und schneller Überforderung auftreten. Die Einstufung des Schweregrades einer depressiven Episode erfolgt anhand der Diagnosemanuale ICD-10/ICD-11 und DSM-5 in erster Linie anhand der Anzahl der aufgetretenen Symptome. Diese müssen für einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen bestehen. In den meisten Fällen sind Tagesschwankungen zu beobachten, sodass Symptome z.B. morgens besonders stark auftreten. Insgesamt gibt es verschiedene Ebenen, auf denen die vielfältigen Symptome unterschiedlich stark ausgeprägt sein können: emotional, körperlich, interaktionell und sozial.

Körperliche Folgeerscheinungen

Auch körperliche Beschwerden können eine depressive Störung begleiten, wie Schlafstörungen, Appetit- und Gewichtsveränderungen, eine erlebte innere Unruhe oder Hemmung sowie ein Libidoverlust. Man spricht dann von einer Depression mit somatischen Syndrom. Depressive Störungen können außerdem körperliche Folgeerkrankungen wie koronare Herzerkrankungen oder Diabetes begünstigen. Eine Depression tritt auch häufig in Zusammenhang mit körperlichen Erkrankungen auf, wie z.B. bei Parkinson, einer Tumorerkrankung oder nach einem Schlaganfall. Wird die Depression nicht adäquat behandelt, kann eine solche körperliche Erkrankung schlechter verlaufen.

Psychologische und biologische Faktoren

Häufig werden Depressionen mit veränderten Lebensbedingungen in Verbindung gebracht z.B. Schwellensituationen, andere Familienstrukturen oder erhöhte Leistungsanforderungen. Allein das reicht aber nicht für die Erklärung der Entstehung depressiver Störungen. Häufig spielen viele verschiedene Faktoren eine Rolle. Es besteht zunächst eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine genetische Mitverursachung. Folglich besteht bei einer familiären Belastung durch eine depressive Erkrankung bei Eltern oder Geschwistern ein erhöhtes Risiko für die Entstehung einer depressiven Störung. Auch die Interaktion mit der Umwelt kann in den Genen niederschlagen und so eine depressive Erkrankung begünstigen. Es gibt außerdem Hinweise auf die Bedeutung neurobiologischer Veränderungen bzw. Störungen. Neben den genetischen Dispositionen können frühe biographische Belastungen (z.B. Verlust- oder Trennungsereignisse) Personen anfälliger für eine depressive Erkrankung machen. Betroffene verfügen häufig über Denk- und Bewertungsschemata, die sie beispielsweise in zwischenmenschlichen Kontakten besonders empfindlich machen. Ebenfalls sind aktuelle Stressoren auf körperliche Ebene (wie somatische Erkrankungen oder Medikamente) sowie auf psychosozialer Ebene (z.B. fehlende soziale Unterstützung, berufliche Konfliktsituationen) von Bedeutung. Alle diese zusammenwirkenden Faktoren spielen eine Rolle bei der Auslösung, aber auch bei der Aufrechterhaltung einer depressiven Störung. Die Erkrankung selbst kann wiederum auf psychosoziale oder auch psychische Konflikte innerhalb der eigenen Person Einfluss haben. Depressive Störungen treten auch häufig im Zusammenhang mit anderen psychischen Erkrankungen auf, wie z.B. Angst- oder Zwangsstörungen, Abhängigkeitserkrankungen, Persönlichkeits- sowie Essstörungen.

Behandlungsmöglichkeit

Gerade leichte depressive Episoden können manchmal auch ohne therapeutische Maßnahmen wieder abklingen. Die therapeutische Behandlung ist jedoch sehr aussichtsreich und kann eine Besserung deutlich verkürzen. Eine stationäre Behandlung ist unumgänglich, wenn eine Person akut suizidgefährdet oder eine weiter bestehende Suizidgefahr nicht zuverlässig einzuschätzen ist sowie bei einer psychotischen Symptomatik (z.B. akustische Halluzinationen oder Wahnideen). Hier wenden Sie sich bitte an die Kolleg*innen des psychiatrischen Teams. Auch von alleinstehenden sozial isolierten Personen sowie bei einem mangelnden Erfolg einer ambulanten Therapie sollte eine stationäre Behandlung erwogen werden. Wichtige Bausteine der Akutbehandlung bilden sowohl Psychotherapie als auch Pharmakotherapie, die bei schweren depressiven Episoden die bisher wirksamsten und am besten belegten Therapieverfahren darstellen. Antidepressiva sind Spiegelmedikamente und entwickeln erst nach 3-4wöchiger Einnahme ihre Wirksamkeit. Zudem sind regelmäßige EKG-und Laborkontrollen zur Überwachung potentieller Nebenwirkungen notwendig. In allen Behandlungssettings (stationär, teilstationär, ambulant) bildet die Psychotherapie nach Bewältigung der akuten Phase den wichtigsten Behandlungsbaustein. Bei leichten oder mittelgradigen Episoden wird diese Methode häufig der medikamentösen Behandlung sogar vorgezogen. Bei schweren und chronischen Verläufen wird sie i.d.R. mit einer fortlaufenden Pharmakotherapie kombiniert.  Es gibt Hinweise darauf, dass die Psychotherapie vor allem in der rückfallprophylaktischen Wirkung der Pharmakotherapie überlegen ist. Bei der Suche nach einem passenden Therapieverfahren gilt es, die Präferenzen einzubeziehen, aber auch Evidenzen für die Wirksamkeit der Verfahren zu berücksichtigen. Mögliche Inhalte einer psychotherapeutischen Behandlung können beispielsweise sein: Erarbeitung alternativer Kognitionen und Verhaltensmuster, Aufklärung über die Erkrankung, Bearbeitung interpersoneller Konflikte, Aktivitätstraining, Stärkung der Selbstakzeptanz, soziales Kompetenztraining und der Zugang zur eigenen Biographie. Relevant für die Gesundung ist außerdem ein hinreichender Schlaf, der ebenfalls bei Bedarf mit Medikamenten unterstützt werden kann. Alle Antidepressiva (auch antriebssteigernde, die morgens eingenommen werden) führen mittelfristig nämlich zu einer Aufhebung der depressionstypischen Tiefschlafunterdrückung und damit zu einem erholsameren Schlaf.  

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